Samstag, 29. September 2007

Katerchen "Socke" reist in die "Verbotene Stadt"

R O T C H I N A

"Jede große Reise beginnt mit dem ersten Schritt."

chinesisches Sprichwort

Wüßte Katerchen Socke was eine Fata Morgana ist, dann wäre ihm klar, daß eine solche vor ihm sitzt. Wo kommt sie her, wo geht sie hin? Was macht sie an Sockes Gartenzaun? Diese blauen Augen, diese anmutige Kopfhaltung, Socke ist verwirrt, fasziniert und sein Herzchen pumpert lauter, als das Motorrad scheppert, mit dem Hase gerade nach Hause kommt. Leider ist das Motorgeräusch schrecklich für die kleine Siamkatzen-Dame, sie läuft in Panik weg und bleibt für immer verschwunden.

Socke ist das erste Mal verliebt in einen Artgenossen. Da er das nicht weiß, fühlt er sich einfach mies, alleine, verlassen, ungeliebt und verbringt einen melancholischen Nachmittag mit Grübeln im Garten.

Als Dosi sieht, in welch schlimmer Verfassung ihr Kleiner ist, packt sie ihn kurzerhand ins Auto und fährt mit ihm zu Wurzerl. Da gibt es ein Zimmer mit ganz vielen klugen Büchern und mit vielen weisen Ratgebern. Dosi meint, vielleicht sollte man das Regal mit Soziologie durchstudieren, aber Wurzerl schickt Socke zum asiatischen Regal, wo ein chinesischer Weiser aus dem Land der Mitte schon auf das Katerchen wartet. Aber als ihm Socke von dem blauäugigen traumhaften Schlitzaugenkätzchen erzählt, schüttelt der Weise den Kopf und sagt: "Socke, ich fürchte, Du mußt nach China reisen in den Tempel der "Azurblauen Wolke", dort wird Dir der Buddha helfen, er ist auf alles azurblaue spezialisiert."

Socke ist noch nicht richtig zuhause angekommen, schon sucht er sich eine passende Reisegelegenheit. Das klappt nicht auf Anhieb, weil er ja schwer verliebt ist, deshalb steigt er erst einmal versehentlich in den Picknick-Korb von Dosi.

Dann entdeckt er seinen Reise-Rucksack, schwupps rein, und schon ist Socke auf dem Weg in einen anderen Kontinent.

Trampen dauert Socke zu lange, Asien ist weit weg von Deutschland, und obwohl man es auch auf dem Landweg erreichen könnte, nimmt Socke lieber die nächste Dschunke. Er bedauert das zwar schnell, als die Matrosen von den Piraten im chinesischen Meer erzählen, aber da Socke ja dauernd von den blauen Augen träumt, ist die Reise schneller vorbei als Socke denkt und er landet in Hongkong.

Da Hongkong eine pulsierende Stadt ist, in der niemand Zeit für die Nöte eines kleinen Katers hat, fährt er kurzerhand mit der Dampflok nach Peking weiter. Ein kleiner chinesischer Kuli hat ihm erzählt, daß die weise Schildkröte in der "Verbotenen Stadt" alles wisse, was auf der Welt wichtig sei, daß an diesem Ort die Zeit stehengeblieben und alles im Stillstand wäre.

Als das Katerchen die Schildkröte in der "Verbotenen Stadt" gefunden hat, steht es ganz eingeschüchtert vor ihr. Aber der kleine Chinese hatte recht, hier hört man ihm zu, in dieser riesigen chinesischen Kaiserstadt, inmitten von Peking regiert nur mehr die Vergangenheit. Aber auch die Schildkröte wiegt nur den klugen Kopf und erklärt Socke, daß Siamkatzen ja eher in Thailand zu suchen wären und für Liebesprobleme wäre vielleicht auch der Tempel der "Azurblauen Wolken" nicht ganz die richtige Anlaufstelle. Die Schildkröte empfiehlt Socke, erst einmal den Himmelstempel in Peking zu besuchen, weil er ja schon in der Nähe sei.

Die "Verbotene Stadt" in Peking ist eigentlich das Schloß der chinesischen Kaiser gewesen, aber es ist nicht wie in Europa ein Palast, sondern eine ganze Stadt, aus kostbarsten Materialien gebaut: Marmor, Sandelholz, Gold, Edelsteine, Malereien, Kalligraphie, goldfarbene Dachziegel (die nur der Kaiser verwenden durfte) Riesenplätze, romantische Winkel und verschnörkelte Architektur kennzeichnen diese Stadt.

Müde schleicht Socke um die Ecke der Halle, in der sich der Thron der früheren Feudalherren befindet. Er hat sich hoffnungslos in dem Gewirr verlaufen.

Er ist richtig froh, als er in einer kleinen verwinkelten Ecke den Garten einer kaiserlichen Konkubine findet und ein bißchen verschnaufen kann. Er belauscht noch ein paar Besucher, die erzählen, daß nur kaiserliche Beamte und die Kaiserfamilie Zutritt zu dieser Riesenanlage hatten. Arbeiter und Angestellte mußten die Palast-Anlage nachts verlassen, daher kommt der Name "Verbotene Stadt". Socke ist froh, als er endlich den Ausgang findet.

Als er im weitläufigen Peking endlich den Himmelstempel findet, erfährt er zwar, daß an diesem Ort der Kaiser einmal jährlich das Opfergebet sprach, damit die Ernte der Bauern gut ausfällt. Und er lernt, daß die Anlage Himmel und Erde symbolisiert und daß die Kiefern und Zypressen dort uralt sind, aber über Blauauge erfährt er nichts.

Da ihm bei dieser Gelegenheit wieder der Tempel der "Azurblauen Wolke" einfällt macht er sich auf den Weg. Der Bau liegt außerhalb Pekings auf einem kleinen Berg. Gegen Abend erreicht er den Tempel. Es befinden sich so viele verschiedene goldene Buddhas in diesem Bau, daß Socke verwirrt davonläuft.

Draußen erzählt ein Mönch von Sian und der dortigen "Wildgans-Pagode". Socke ist ganz aufgeregt, er hat "Siam" verstanden und reist sofort in diese Stadt. Als er vor der großen Pagode steht, weiß er ganz plötzlich, hier ist er richtig. Socke kann es nicht erklären, aber er geht ganz ruhig in die Pagode, die sehr schlicht gehalten ist. In einer fast versteckten Ecke findet er endlich den richtigen Ansprechpartner.

Ein einziger goldener Buddha sitzt hier meditierend zwischen Unmengen von Räucherstäbchen. Er lächelt Socke an und sagt: "ich weiß, was Du suchst, kleines Katerchen". Da staunt Socke sehr und er hört sich selber sagen: "Aber ich weiß es nicht mehr". Der Buddha erklärt ihm daraufhin, daß das normal sei, wenn man eine solche Reise hinter sich gebracht hätte. Socke zweifelt: "Wozu war es dann gut". Da sagt Buddha: "Socke, der Weg ist das Ziel". Und er fügt hinzu: " Du hast soviel auf Deiner Reise gesehen, davon wirst Du ein Leben lang zehren, diese Erinnerungen kann Dir keiner mehr nehmen."

Socke ist schrecklich kaputt, seine weißen Söckchen sind ganz schmutzig, seine Pfoten tun weh. Da kommen an der Wildgans-Pagode Bauern vorbei, auf dem Weg zum Markt. Der Buddha sagt, sie sollen den kleinen Kater zum Bahnhof bringen und in den Zug nach Hongkong setzen.

Während die Karren der Bauern über die Straßen von Sian rumpeln, denkt Socke noch einmal an sein langes Gespräch mit dem Buddha. Was hatte er zuletzt noch gesagt? Seine Gedanken würden Socke auf dem Nachhauseweg hinterherfliegen und ihm ein Überraschungsgeschenk bringen?!

Mit einem Sampan, das ist ein kleines Schiff, wird Socke wieder auf die Dschunke zurückgebracht. Als ihn die Matrosen jubelnd begrüßen und fragen, ob er die Siam-Katze gefunden habe, nickt Socke nur ganz erledigt von der langen Reise und meint: "Ja, ja ich habe Sian gefunden", spricht's und schläft auch schon ein.

Zuhause angekommen ist Socke etwas einsilbig. Das Katerchen ist dabei ein Kater zu werden, auf so einer Reise reift man doch sehr! Dosi wundert sich nur, daß er jetzt jeden Tag auf dem kleinen Baum im Garten sitzt und angestrengt nach Osten schaut. Sie kann ja nicht wissen, daß er Tag für Tag auf die Gedanken des goldenen Buddhas wartet, die ihm ja ein Geschenk mitbringen sollen. Hätte er jetzt den Weisen in Wurzerls Bibliothek besucht und gefragt, was es ist, er wüßte es schon. So muß er, genau wie Ihr, bis zum nächsten Mal warten.

19 Kommentare:

Bek hat gesagt…

Wieder eine wunderbare Geschichte von Sockes neuem Abenteuer:)

SchneiderHein hat gesagt…

Schöne Bilder einer sicherlich langen Reise. Erstaunlich, was ein kleiner Kater erleben und lernen kann. Und alles nur wegen einer kleinen süßen Siamesin!
Ist es nicht herrlich sich auf diese Weise mit Erinnerungen und Bildern nocheinmal viel intensiver zu beschäftigen, als wenn man sie nur in ein Fotoalbum einklebt und wieder betrachtet?
Ich freue mich schon auf die Fortsetztung!
Liebe Grüße Silke

Margit hat gesagt…

So eine große Reise für so einen kleinen Kater!
Schön, wie du es schaffst, Reiseerinnerungen in Socke-Geschichten zu verwandeln, sehr gekonnt und liebevoll erzählt, danke!
Liebe Grüße & ein schönes Wochenende, Margit

stadtgarten hat gesagt…

Eine wunderschöne Geschichte und eine interessante Reise nach China. Vielen Dank dafür!
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!
LG und ein schönes Wochenende,
Monika

Naturwanderer hat gesagt…

herrlich, die Socke - Reise, wenn er mich nur gefragt hätte, ich wäre mit ihm gegangen. Freue mich auch schon sehr auf die neue Reise mit ihm.
Lieber Gruß
von Edith

Margrit hat gesagt…

Das war eine wunderschöne Geschichte und die Idee, Socke einzubeziehen, ist sehr gut. Der goldene Buddha hat so Recht. Die Erinnerungen an eine Reise, wohin auch immer, kann einem keiner nehmen und man zehrt davon sehr lange. Ich war zwar noch nie in China, zehre aber von anderen Reisen.
Schönen Sonntag
Margrit

Sisah hat gesagt…

Eine weite Reise, die Du Kater Socke machen lässt. Ob der das wirklich wertschätzt?
Aber schöne Fotos, die der Dosenöffner uns Bloggerinnen zeigt. Mein Realitätssinn kommt mir leider bei Deiner Erzählung immer in die Quere, und viele Fragen zu dieser Deiner Reise drängen sich mir auf, so dass Kater Socke mich eher irritiert, Wurzerl. Wann bist Du eigentlich dort gewesen? Und über den "Azurblauen Tempel" würde ich gerne mehr erfahren.

Wurzerl hat gesagt…

Hallo Sisah,
daß Socke diese Reise macht, ist einfach ein nötiger dramaturgischer Griff, um seine weitere abgeänderte Gartengestaltung verständlich zu machen.
Ich war bereits 1979 in China, eine Zeit, in der man in Teheran bereits mit MP's auf dem Flughafen willkommen geheißen wurde, aber in China eine Zeit des Umbruchs war in den viele Menschen große Hoffnung gesetzt hatten. Wie die neue Geschichte zeigt, leider umsonst.
Es gäbe unheimlich viel über diese Reise zu erzählen, aber das würde den Rahmen hier eindeutig sprengen, wenn Du interessiert bist, müßte ich Deine Mail-Adresse haben, um Dir einfach privat einen längeren Austausch über dieses Thema anzubieten.Sonst kannst Du eine kürzere Detailfrage auch gerne nochmal hier hereinstellen.
Tempel der Azurblauen Wolke ist ein abgeschiedener Ort zum Wallfahren, da dort 500 verschiedene goldene Buddhas und Lohans aufgestellt sind, hat jeder Suchende die Möglichkeit, den ihm zusagenden "Ansprechpartner" zu finden.
Lieber Gruß vom Wurzerl

Helens Blog hat gesagt…

Hallo Wurzerl,

wieder eine wunderschöne Geschichte...
und wie gut du da Socke einbringst...
ich finde es herrlich, bin jetzt schon auf deine
Fortsetzung gespannt!

Ja, der Buddha hat Recht... Die Erinnerungen...
egal welcher Art kann uns keiner nehmen!

Und mit den chinesischen Sprichwörter bist bei mir richtig!

Wünsche dir noch einen schönen Sonntag,
liebe Grüße Helen

verobirdie hat gesagt…

Es ist mein erster Besuch zu diesem Blog, und sicher nicht der letzte. Alle Bilder sind ein Vergnügen. Danke für diese Freude.
Und auch für das Kommentar bei mir :-)

Britta hat gesagt…

Was hat Socke da für eine wunderbare Reise gemacht...und selbst Buddah hat mit ihm gepsrochen. Einfach herrlich, wie Du diese Geschichten in Verbindung mit dem süssen kleinen Kater bringst. Ich hoffe, es gibt novh mehr davon!!!

Einen guten Wochenstart, liebe Grüße, Britta

Romy hat gesagt…

Hallo Wurzel,
ich bin ja auch wieder zurück von großer Reise.
Stimme jedoch dem chin.Sprichwort nicht richtig zu.
Ich würde sagen: jede große Reise beginnt mit dem Gedanken...
LG und danke dass du so lange auf mich gewartet hast.
*R*

Lis vom Lindenhof hat gesagt…

Oh Wurzerl, du bist grandios! Du solltest wirklich überlegen dein Talent zu versilbern und ein Buch zu schreiben. Zum Beispiel: Eine Socke auf Wanderschaft, oder so :-)

Reginas Cottage hat gesagt…

Eine wunderbare Geschichte und eine
tolle Reise durch ein interessantes
Land.
Bin sehr gespannt auf die Fortsetzung

Liebe Grüße Regina

HaBseligkeiten hat gesagt…

danke liebes Katerchen für den interessanten Weg in Richtung Osten,nur gut dass Dir nichts geschehen ist. Ich habe schon in einer Fernsehdoku gesehen, dass manche Menschen in China Katzenfleisch lieben, also sei auf der Hut wenn Dich wieder die Liebe und das Reisefieber packt...liebe Grüße von Frieder,Flockle und Lissy

Hallo Wurzel, habe deinen Reisebericht von Socke wieder mit viel Freude gelesen, Liebe Grüße
Heidi

Henny hat gesagt…

Eine wunderschöne Geschichte Wurzerl, von einer fantasievollen Frau mit einem ganz großen Herzen geschrieben.
Ich hab halt bloß prosaiische Hunde*lach*

Brigitte hat gesagt…

Ja liebes Wurzerln,

du hast ja eine schöne Geschichte geschrieben und ich bin schon auch der Meinung, dass du durchaus Talent hast, ein Buch zu schreiben. Es gibt ja schon etliche Katzenbücher, aber in dem Stil habe ich es noch nicht gelesen.

Über eines allerdings habe ich mir schon Gedanken gemacht - ist es nicht gefährlich für Katzen in China?

Winnie ginge da niemals hin, dazu wäre er viel zu bequem. Früher, als er noch so jung war wie Socke jetzt ist, da war er sehr viel unterwegs. Einmal ist es auch gewaltig ins Auge gegangen und er musste sich mit 2 gebrochenen Hinterpfoten nach Hause schleppen. Er hatte Glück, dass OP und die Folgen gut gingen.

Liebe Grüße, Brigitte

Wurzerl hat gesagt…

Also auf einige Eurer Anspielungen, es ist richtig, daß in China Katzenfleisch gegessen wird. Man kann sagen, je weiter südlich, desto abenteuerlicher der Speiseplan. In Peking und Xian war Socke aber nicht gefährdet, der Weise und die Schildkröte hätten ihn nie an gefährliche Orte geschickt.
Lieben Gruß Wurzerl

Andrea's Garden hat gesagt…

Wurzerl, welch geniale Idee uns deine Reise nach China von Katerchen Socke erzählen zu lassen.