Sonntag, 16. November 2014

RESPEKT VOR DER NATUR!!!

Ja, es gibt solche und solche Gärten! Diejenigen, in denen man die Pflanzen sozusagen "dressiert", vielleicht auch in Habitate setzt, die den Bedürfnissen total konträr sind, um ein in den Augen des Gestalters harmonisches Bild zu bekommen und die anderen, in denen eher die Pflanzen den Gärtner "erziehen".

Dieser, den ich in meinem eigenen Landkreis in Oberbayern gefunden habe, gehört ganz sicher zur zweiten Kategorie. Schon der Garteneingang zeigt, wie souverän höflich sich die beiden Grashorste dem Besucher als lebende Gartenpforte zuneigen.

Schlendert man den ländlichen Holzzaun entlang fällt einem sofort die unaufgeregte, harmonische Dekoration ins Auge, die so ganz einfach dazugehört. Aber, dass sich hinter dieser lebendigen Efeumauer eine wirksame Benjeshecke verbirgt (wirksam, weil ich nicht wirklich Frass-Spuren von Schnecken fand), das weiss man erst, wenn die Gartenbesitzerin mit leuchtenden Augen beginnt über die Details zu sprechen.

Da jedes Pflänzchen sich bis auf das I-Tüpfelchen genau den Lebensraum erobern darf, den es braucht, war meine vorsichtige Frage: das wäre wohl kein Insektenhotel, da etwas zu gross geraten, schon fast lapidar zu nennen. Meine Führerin lächelte nur etwas und meinte dann. Das war unsere Art, unserem Sohn zu erklären, was ein "Ster" Holz ist. Weil auch das Dach sofort von Stauden-Spezialisten mit entsprechenden Ansprüchen erobert worden war, darf das Ster Holz nun bleiben.

An vielen Ecken finden sich kleine Sitzgelegenheiten, die deutlich machen, wieviele "Lieblingsecken" das gärtnernde Ehepaar doch hat. Und, die Beiden ergänzen sich grossartig, Frau macht in Pflanzen, Mann macht die handwerklichen Details, das zusammen ergibt einen Garten aus einem Guss, auch, wenn  oft die Stauden das Sagen haben, wo sie bleiben wollen.

Gepflanzt wird möglichst dicht, damit das Unkraut nicht zu sehr hochkommt, aber die Farne und Gräser, die in diesem Garten besonders geliebt werden, dürfen sich unbedrängt als Solitäre in den Himmel strecken, begleitet von Sitzplätzen und Dekorationen ausschliesslich in Stein, Metall oder Holz-Materialien.

Auch der Teich fügt sich harmonisch ein, nur eine einzige Seerose darf das Spiegelbild des Himmels und der Randbepflanzung unterbrechen.

Die Sonnenhüte und die vielen Gräser zaubern eine Leichtigkeit an den Uferrand, wie man es selten zu sehen bekommt.

Immer wieder strecken sich hohe Gräser, Nadelholzraketen und Farne 'gen Himmel und gestalten ein spannendes auf und ab im ganzen Garten.

Die kastanienblättrige Rodgersia rahmt einen kleinen Ruheplatz am Teichrand ein.

Tritt man vom Ufer weg, ist der Teich auch gleich verschwunden, aber auch auf der rasenzugewandten Seite finden sich die Himmelsstürmer zwischen den so spät noch üppig blühenden Stauden.

Aus der Nähe betrachtet, löst sich die Farbharmonie in grosse weiss- und rotblühende Knöteriche auf. Was für eine Leichtigkeit und seht Ihr auch, wie jede Pflanze sich hier wohlfühlt, gesund ist und damit eigentlich ausser dem Respekt vor ihren Bedürfnissen nicht viel weitere Zuwendung braucht?

In der ruhigen Rasenfläche gibt es wenige Unterbrechungen, hier eine gräsergesäumte Baumscheibe.

Auch dieses Sitzrondell ist von einer schönen Grassorte eingerahmt. Die runde Form nimmt der Gartenecke jede Schärfe. Und auch hier ordnen sich die Sitzmöbel in schlichter Ausführung dem Gesamtbild unter.

Drei verschiedene Stauden, 2 Farne und etwas höher dahinter das Salomonssiegel gestalten eine grüne Skulptur. Ich sehe auffliegende Vögel, was entdeckt Ihr?

Die Aster "Andenken an Alma Pötschke" darf quietschen, wie Karl Foerster es einmal ausdrückte, sie steht auf dem sonnigsten Platz neben dem Eingang zum Nutzgarten. Denn Genießer sind die Gartenbesitzer natürlich auch.

Was für eine schöne Sprache spricht dieser alte Rechen. "Ich habe mein Tagwerk getan, jetzt schau ich mir alles von oben an!"

Diese schmuckvolle Wand gehört zum Gartenhaus, das so gut in diesen wunderbaren, stimmigen Garten passt.

Ebenfalls an dieser Wand findet sich dieser Spruch von Karl Foerster, unverkennbar ein wichtiges Vorbild der Gartenbesitzer. Und wenn man bedenkt, wie das Ergebnis ihres "Wagnisses" geworden ist, dann kann man nur sagen "a la bonheur".

Und wenn ich mir die Flechten an diesem Baumstamm anschaue, dann verstehe ich das Geheimnis und die Stärke dieses Gartens. Hier bekommt die Natur nicht nur Respekt gezollt, nein, sie bekommt auch viel Zeit! Danke, dass ich diesen schönen Garten besuchen durfte. Es war wohl mein spätester Gartenbesuch im Jahr, den ich je gemacht habe, aber ein absolutes Aha-Erlebnis.